Glaubt man den Auguren unserer Zeit, dann hat das Lesen auf Papier keine große Zukunft mehr. In immer stärkerem Maße wird es durch das Lesen von elektronischen Texten abgelöst und eines Tages ganz verdrängt werden. In bestimmten Fällen mag an diesem Abgesang auf gedruckten Text etwas Wahres dran sein: So scheint es einzuleuchten, dass gerade bei Zeitungen ein großer Wandel in diese Richtung stattfindet – schließlich veröffentlichen sie heute Informationen, die bereits gestern im Internet nachzulesen waren. Gerade als Internet begeisterter Infopreneur ist man geneigt, diesen Meinungen unreflektiert Glauben zu schenken, unterstützen sie doch die Richtung, die man selber eingeschlagen hat. Doch dies ist eine gefährliche Anschauung, die den Zugang zu wesentlichen Erwerbsquellen verbauen kann.
Die Zukunft des gedruckten Wortes
Betrachten wir folglich die These des baldigen Aussterbens von gedruckten Texten etwas genauer: Da ist zunächst einmal festzustellen, dass weltweit mehr gedruckt wird denn je. Sicherlich sind in einzelnen Feldern Verschiebungen zu verzeichnen, im Wesentlichen steigt jedoch der Bedarf an Gedrucktem. Erklärungen dafür liegen auf der Hand: Das gedruckte Wort wurde nunmehr seit über 500 Jahren stetig weiterentwickelt und auf Benutzerfreundlichkeit hin optimiert. Das richtige Papier, die optimalen Farben, die leserlichsten Schriftarten, der angenehmste Seitenaufbau mit Rändern, Satzspiegelbreite, Zeilenabständen und vieles mehr wurde permanent erforscht mit dem Ziel, dem Leser einen möglichst ansprechenden und leserfreundlichen Text bieten zu können. Das neue Medium „elektronischer Text“ ist zwar schick, lässt im Vergleich dazu aber noch manches an Benutzerfreundlichkeit vermissen. Ein direkter Vergleich beider Medienformen zeigt, dass das Lesen von elektronischen Texten wesentlich mehr Aufmerksamkeit kostet. Es führt zur schnelleren Ermüdung und die Informationsaufnahme findet deutlich langsamer statt. Generell kann man dem Lesen von Texten auf Papier ein stärkeres „Eintauchen“ unterstellen, wohingegen bei der elektronischen Variante eine eher oberflächlichere Wahrnehmung zum Tragen kommt. Komplexe Zusammenhänge lassen sich deshalb auch besser auf Papier als am Bildschirm nachvollziehen.
Der Wert, den die Leser dem auf Papier gedruckten Text beimessen, ist in aller Regel größer; deshalb lassen sich am Markt auch höhere Preise für konventionelle Bücher als für ebooks durchsetzen. Ebenso ist das Vertrauen gegenüber gedrucktem Text deutlich größer. Mehrere Studien zeigen, was auf Papier gedruckt steht, genießt eine größere Glaubwürdigkeit als das, was man am Bildschirm liest. Will man Text für die Zukunft aufheben, so ist das bevorzugte Medium wieder das bedruckte Papier. Diesem traut man eine höhere Speicherzeit zu, als den elektronischen Medien. Alles wichtige wird eben doch häufig ausgedruckt, um es anschließend abzuheften. Ein weiterer Vorteil des Print liegt in der Ortsunabhängigkeit – man möchte sich zum Lesen eben auch mal an einen Ort begeben können, an dem es keinen Strom und Netzzugang gibt.
Der Wusch nach sensorischen Empfindungen wie Geruch oder Haptik werden beim elektronischen Text überhaupt nicht bedient. Folglich haben solche Texte weniger Potential, um Emotionen beim Leser zu wecken.
Last but not least sollte bei diesem Medienvergleich auch die durch verschiedene Studien belegte Tatsache nicht unerwähnt bleiben, dass selbst sogenannte „digital natives“ – also Menschen, die der jüngeren Generation zuzuordnen sind, in der bereits Computer, Internet oder Mobiltelefon vorhanden waren als sie aufgewachsen sind – dem konventionellen Lesen den Vorzug geben. Mit anderen Worten heißt das: Die gerade genannten Punkte sind nicht generationsabhängig, sondern gelten für Nutzer allgemein, und werden wohl auch in Zukunft gelten.
Die ausgeführten Überlegungen zeigen, dass das gedruckte Wort sehr wohl noch eine Zukunft hat. Das Ergebnis dieses Artikels soll dennoch kein Plädoyer für das Papier und gegen den elektronischen Text sein, sondern ein Appell dafür, beide Medien unvoreingenommen zu betrachten und sich zu überlegen, ob nicht ein Teil des textuellen Angebots auch in gedruckter Form angeboten werden sollte. Es gilt, je komplizierter Sachverhalte werden und je mehr Text die Beschreibung dieser benötigen, desto eher sollte man sich die Frage stellen, ob nicht Papier das bessere Transportmittel für diese Information ist. Ein Infopreneur sollte genau wissen, welche Information er wem in welcher Form am besten anbieten möchte – immer unter dem Aspekt, damit den größten Erfolg zu erzielen. Im Optimalfall lässt sich sogar eine symbiotische Beziehung zwischen elektronischem und konventionellen Angebot herstellen, in der beide Medien aufeinander verweisen. Ein häufig verwendetes Mittel dazu sind die speziell für den Smartphone-Gebrauch entwickelten QR-Codes, die dazu verwendet werden, um von einem Printprodukt auf ein elektronisches Angebot zu verweisen.
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