Seit dem 01. Januar 2015 muss die anfallende Umsatzsteuer für verkaufte Telekommunikationsdienstleistungen, Rundfunk- und Fernsehdienstleistungen sowie elektronisch erbrachte Dienstleistungen an das Land abgeführt werden, aus dem der Käufer stammt. Kauft ein italienischer Kunde ein Download-Angebot eines deutschen Online-Shops, dann muss der deutsche Shop die anfallende Umsatzsteuer an Italien abführen. Bislang wurde die Umsatzsteuer dafür an Deutschland abgeführt.
Wer ist davon mit was betroffen?
Von dieser gesetzlichen Änderungen sind alle Anbieter betroffen, die Leistungen auf elektronischem Wege an Endkunden anbieten. Zu diesen Leistungen gehört u.a. jegliches Angebot von Digitalem Content (E-Books, Fotos, e-Magazine etc.), Webhosting, Online-Seminare, Marktplätze, Spielforen, Reiseportale etc. Wer physische Waren (bspw. der Versand von Software auf der DVD) anbietet, ist davon nicht betroffen.
Was, wenn der Verkauf über Verkaufsplattformen oder App-Stores stattfindet?
In dem Fall hängt es davon ab, wer dem Endkunden gegenüber als Verkäufer auftritt. Ist es der Betreiber der Plattform (bspw. bei Google-Play), dann ist dieser für die korrekte Abführung der Umsatzsteuer verantwortlich. Nutzen Sie jedoch Verkaufsplattformen, auf denen Sie als Verkäufer auftreten, dann haben Sie die korrekte Umsetzung zu verantworten.
Wie muss die neue Regelung umgesetzt werden?
Die einbehaltene Steuer kann entweder direkt an das jeweilige Land abgeführt werden oder der Anbieter entscheidet sich für das sogenannte „Mini-One-Stop-Shop-Verfahren“ (MOSS), welches die Durchführung erleichtern soll. In Deutschland gibt es dazu eine zentrale Stelle KEA (Kleine einzige Anmeldestelle), die zum Bundeszentralamt für Steuern (BzSt) gehört. Hier können sich die betroffenen Anbieter registrieren damit die KEA die Steuer an das jeweilige Empfängerland abführt.
Achtung: Entscheidet sich der Anbieter für den Weg MOSS/KEA, dann muss er dafür sorgen, dass alle Umsätze mit Privatkunden im EU-Ausland über diesen Weg abgerechnet werden.
Welche Auswirkungen hat das auf die Shops?
Die betroffenen Anbieter müssen dafür Sorge tragen, dass deren Shopsysteme eine technische Anpassung erfahren. In aller Regel wird dies wohl durch die Hersteller der Shopsysteme durchgeführt, welche entsprechende Software-Updates anbieten werden. Dennoch liegt die Verantwortung der korrekten Umsetzung beim betroffenen Anbieter, sodass eine fachanwaltliche Überprüfung der technischen Lösung zur Absicherung zu empfehlen ist.
Welche Festlegungen sind bei der technischen Umsetzung zu treffen und welche Probleme können dabei entstehen?
Sie können entweder für alle Länder einheitliche oder dynamische, sprich vom Wohnort abhängige Endpreise angeben. Im ersteren Fall variiert dann der darin befindliche Steueranteil je nach Empfängerland sowie der Gewinnanteil. Im letzteren Fall passt sich der Endpreis an den landesspezifischen Steuersatz an, um dadurch den Gewinn konstant zu halten. Fachanwälte empfehlen, die Kunden in jedem Fall über die Art der Preisberechnung auf der Kundeninformationsseite zu informieren.
Zusätzlich komplizierter kann es werden, wenn ihr Kunde ein Unternehmen ist. Denn in Deutschland können bereits jetzt Leistungen an Geschäftskunden steuerfrei sein und falls sie dies nicht sind, ist die erhobene Umsatzsteuer im Land des Empfängers fällig. Das bedeutet zur Frage nach dem Wohnort käme auch noch die Abfrage des möglichen Unternehmerstatus hinzu. Um diese zusätzliche Komplikation zu vermeiden, könnten Sie ihr Angebot generell nur an Endverbraucher richten und Unternehmen demnach auch so behandeln. Dabei sollten Sie jedoch die wirtschaftlichen Auswirkungen klären.
Abhängig vom Wohnort des Endkunden müssen Sie den jeweiligen Steuersatz sowie den Steuerbetrag auf der Rechnung ausweisen.
Die IP-Adresse des Kunden sollte allerhöchstens dazu verwendet werden, um dem Endkunden seinen Wohnort vorzuschlagen. Aufgrund dieser sollte jedoch nicht der Wohnort festgelegt werden, denn sie repräsentiert ja lediglich den Ort des Internetzugangs, nicht aber den Wohnort des Kunden.
Wenn nicht nur an deutsche Endverbraucher verkauft wird, dann sollten Sie die Angabe von „19%“ ersetzen durch „inkl. USt.“, denn der Steuersatz ist in den einzelnen Empfängerländern nicht immer der gleiche.
Beachten Sie, dass die Preise beim Verkauf an Endkunden immer inklusive der Umsatzsteuer anzugeben sind.
Während des Bestellvorgags dürfen die Preise nur verändert werden, falls der Wohnort schon vor der Produktauswahl abgefragt wurde. Danach riskieren Sie, dass eine Änderung als Täuschung des Verbrauchers betrachtet werden könnte.
Eine bestimmte Leistung kann in den verschiedenen Ländern unterschiedlich besteuert werden. Sie müssen also für jedes Land prüfen, wie hoch die Steuersätze dort sind.
Wer haftet, wenn die Verbraucher falsche Angaben zum Wohnort machen?
Für den Fall, dass der Endkunde einen falschen Wohnort angibt, haften Sie nicht. Kommen Sie aber dennoch bitte nicht auf die Idee, Kunden zu ermuntern, eine falsche Angabe zu ihrem Wohnort zu machen, bspw. ein Land, bei dem keine USt. anfallen würde. Denn eine solche Steuerhinterziehung würde Ihnen zur Last gelegt werden.
Wie kann man sich dieser neuen Regelung entziehen?
Kleinunternehmer, die aufgrund des §19UStG bis zu Umsätzen von 17.500 Euro von der Zahlung der Umsatzsteuer befreit sind, müssen die Umsatzsteuer an die anderen EU-Mitgliedstaaten dennoch bezahlen, da es sich hier nur um eine nationale Regelung handelt, die in den anderen Ländern nicht greift. Es gibt auch keinerlei Freigrenze, die einen vor dieser Änderung bewahren könnte. Es gibt nur einen Weg, sich dieser neuen Regelung und den damit verbunden erhöhten Aufwenden zu entziehen: Bieten Sie Ihre Leistungen nur an Kunden aus dem Land an, in dem Sie ihren Geschäftssitz haben. Dabei müssen Sie Ihre Kunden auf einer Informationsseite klar darüber informieren, und Sie sollten im Bestellbereich auch nur eine Anschrift zulassen, die dem Land Ihres Geschäftssitzes entspricht.
Welches Gesetz steht dahinter?
Grundlage dieser gesetzlichen Änderung sind diverse EU-Richtlinien, die teilweise auch als Mehrwertsteuer-Paket 2010 bezeichnet werden. Darin befinden sich die Richtlinie 2008/8/EG vom 12. Februar 2008 sowie die EU-Durchführungsverordnung 1042/2013 vom 07.10.2013, deren Umsetzung in allen EU Mitgliedsstaaten ab 2015 in Kraft tritt.
Was ist der Hintergrund für dieses Gesetz?
Der Grund für diese Gesetzesänderung ist hauptsächlich im bisherigen Verhalten von Firmen wie Ebay etc. zu finden. Diese haben europaweit Umsätze generiert, ihren Firmensitz aber in steuergünstige Länder verlegt; dadurch konnten sie die Zahlung hoher Steuerbeträge vermeiden.
Hinweis: Diese Informationen wurden nach bestem Wissen und Gewissen recherchiert. Sie stellen aber keine verbindliche Rechtsberatung dar.
Fazit
Dieser Artikel soll auf die Änderung aufmerksam machen sowie die grundlegenden Informationen dazu liefern. Es handelt sich um keine Rechtsberatung! Aus diesem Grunde wird empfohlen, sich von Fachanwälten beraten zu lassen. Die technische Umsetzung der mir diesen Änderungen verbundenen Anforderungen, werden in der Regel von den Anbietern der Shop-Software erledigt. Prüfen Sie, ob diese auch richtig umgesetzt wurden!
Links:
http://ec.europa.eu/taxation_customs/taxation/vat/how_vat_works/exemptions/index_de.htm
http://blog-it-recht.de/author/kerstin/
http://rechtsanwalt-schwenke.de/e-commerce-faq-umsatzsteuer-elektronische-leistungen-2015#008
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